10. Fahrt

07.07. - 28.07.1918, Atlantik / Nordkanal

Wegen einer Maschinenhavarie fährt U 54 am 01.17.1918 nach Wilhelmshaven. Beim Auslaufen aus der Schleuse in Wilhelmshaven beschädigt sich U 54 das Tiefenruder und wird am 06.07.1917 nochmals kurz zur Reparatur eingedockt, dockt 07.07. früh aus und kehrt nach Helgoland zurück.

07.07.1918

Um 17:15 Uhr läuft U 54 unter dem Kommando von Oblt. z.S. von Ruckteschell in Helgoland mit Kurs zur Ostsee aus. (Das KTB der II. U-Halbflottille datiert das Auslaufen zur FU auf den 08.07.1918).

08.07.1918

Mittags wird an der Blücherbrücke in Kiel festgemacht.

09.07.1918

Nach Mittag wird nach dem Passieren von Feuerschiff Läso Rende ein merkwürdigen Kurs steuernder  Dampfer bemerkt, der knapp außerhalb der dänischen Hoheitsgewässer vor Anker geht. Er trägt auf der Bordwand die Aufschrift "LONDON - Danmark". Der nur in Ballast fahrende Dampfer wird nach einer Kontrolle durch Wachoffizier und LI entlassen.

10.07.1918

Dampfer Hauk und TorpedobootBei ruhiger See fährt das Boot im Skagerrak die norwegische Küste entlang um dort und dann weiter nach Norden Schiffsverkehr nach England abzufangen. Um 10 Uhr trifft es auf den mit Holz beladenen, norwegischen Dampfer "Haube" (tatsächlich "Hauk" aus Drammen). Der Dampfer dreht auf die norwegischen Hoheitsgewässer zu und unternimmt einen Rammversuch. Nach einem Warnschuss stoppt er jedoch und ankert. Zwei norwegische Torpedoboote erscheinen und schützen den Dampfer, so dass U 54 den Frachter freigeben muss. Nachmittags steuert das Boot an der Ostseite des englischen Sperrgebiets entlang.

11.07.1918

Der Eintritt ins englische Sperrgebiet erfolgt um 7 Uhr. Das Boot läuft bei diesigem Wetter durch die Nordsee und unternimmt zeitweise Tiefensteuerübungen.

12.07.1918

Um 8:16 Uhr muss erstmals vor drei feindlichen Zerstörern getaucht werden. Um 19 Uhr kommt Fair Island in Sicht, dass mit hoher Fahrt südlich passiert wird. Erneut zwingen Zerstörer zum  Ausweichen, auf Sehrohrtiefe getaucht.

13.07.1918

Auch im Nordatlantik herrscht diesiges Wetter. Der Kommandant beabsichtigt, weit nach Westen herauszufahren um Fischereiverkehr zu stören. Das Vorhaben wird aber schon in der folgenden Nacht aufgegeben, da ein über Normal hoher Schmierölverbrauch festgestellt wird.

14.07.1918

Auf Südkurs bei Regenwetter durch den Atlantik. Wegen des hohen Schmierölverbrauchs wird beschlossen, durch den Nordkanal in die Irische See einzulaufen um vier Marschtage zu sparen.

15.07.1918

Um 4:10 Uhr ist die Südspitze der Hebriden erreicht. Per F.T. wird die Position durchgegeben und die Zuteilung eines neuen Operationsgebietes angefordert. Kurz vor Mittag versagt der Kreiselkompass, so dass nach Lichtbildkompass gesteuert werden muss. Um 13 Uhr muss vor zwei Zerstörern getaucht werden, die eine Wasserbombe werfen. Die Tauchzeit wird genutzt, den reparierten Kreiselkompass einschwingen zu lassen.

16.07.1918

Nach Mitternacht fährt U 54 im Nordkanal und sichtet um 2:30 Uhr einen Dampfer mit höherer Geschwindigkeit, so dass kein Vorsetzen möglich ist. Aus seitlicher Position werden um 2:58 Uhr das I. und II. Rohr abgefeuert. Nach der Laufzeit der Torpedos des Typs C/06 und G.6 AV+ handelte es sich um eine Entfernung von 1.330 m. Sie treffen das Schiff achtern unter den Aufbauten und achtern im Munitionsraum und detonierten mit hellweiß leuchtender Flamme. Das Boot dreht ab, da es Munition an Bord vermutet. Tatsächlich handelte es sich um die britische Convoi-Sloop "HMS Anchusa". Nach einer erneuten Detonation war vom Dampfer nichts mehr zu sehen. Die Schätzung der Schiffsgröße von 170 m Länge und 11.700 BRT beruhte wohl auf einem Meßfehler durch das Doppelfernglas.

Bis zum Morgen musste noch Zerstörern über Wasser ausgewichen werden. In größerer Entfernung wurden vier starke Detonationen wahrgenommen. Um 12 Uhr mittags wird ein Geleitzug mit vier Dampfern, die hohe Fahrt laufen, gesichtet. Während des Vorsetzmanövers wird ein aufgetauchtes U-Boot bemerkt, bei dem es sich wahrscheinlich um UB 126 (Oblt. z.S. Waldemar von Fischer) handelte. Eine Funkpeilung des Bootes wurde abgebrochen, um Anschluss an die Dampfer zu halten. Diese können bei Regenböen und diesigem Wetter nur selten gesichtet werden. In der Annahme, vor den Dampfern zu stehen, wird um 18 Uhr zum Angriff getaucht. Beim Tauchmanöver versagt jedoch das hintere Tiefenruder da der Endabschalter versagte. Das Boot musste auftauchen und brauchte für die Reparatur eine Stunde. Danach wurde die Verfolgung der Dampfer auf Suchkursen wieder aufgenommen. Um 21 Uhr kommt ein auf 3.000 t geschätzter Dampfer in Sicht. Auf 400 m Entfernung beginnt der Angriff, der jedoch im letzten Moment abgebrochen wird als der Kommandant erkennt, dass es sich nicht um ein Handelsschiff, sondern um ein Patrouillienfahrzeug neuer Bauart handelt. Der Torpedo soll für ein lohnenderes Ziel aufgespart werden. Nach dem Auftauchen um 22:30 Uhr läuft U 54 wieder zurück ins alte Operationsgebiet. Um 23 Uhr wird dann vor vier Bewachern getaucht. Beim Auftauchen kommt aus einer Regenwolke heraus plötzlich sehr nahe ein Zerstörer in Sicht, der das Boot bemerkt und mit hoher Fahrt darauf zuhält. Nach dem Alarmtauchen wurden vom Zerstörer innerhalb von 18 Minuten insgesamt 31 Wasserbomben geworfen. Obwohl das Boot zunächst auf 40 m, schon nach der ersten Bombe aber auf 68 m Tiefe getaucht war, waren die Explosionen so stark, dass die Sicherungen des Kreiselkompasses durchschlugen, die Glühlampen zerplatzten und Säure aus den Batterien herausspritzte, wodurch es zu einem Kurzschluss kam.

17.07.1918

Um Mitternacht taucht U 54 bei klarem Wetter und Mondschein wieder auf. Mit Ostkurs wird der Nordkanal angesteuert. Um 12 Uhr und um 17 Uhr muss Bewachern ausgewichen werden.

18.07.1918

Ab Mitternacht bleibt das Boot zwischen Inistrahull und der Insel Oversay in Wartestellung. Beim Hellwerden wird ab 5 Uhr Westkurs angelegt. Kurz darauf kommen größere Bewachungsfahrzeuge in Sicht, auf die ein Angriff beginnt. UB 90 - Übernahme von SchmierölDer eine halbe Stunde später abgefeuerte Torpedo ist jedoch ein Fehlschuss, da aufgrund eines Mißverständnisses zwischen Kommandanten und einem neuen Wachoffizier (Oblt. z.S. Plickert) ein falscher Schneidungswinkel angelegt wurde. Um 7:50 Uhr kommt ein U-Boot in Sicht, das über Unterwassersignal als UB 90 (Oblt. z.S. Gottfried von Mayer) ausgemacht wird. Die Kommandanten verabreden einen Treffpunkt weiter draußen auf See zur Übernahme von Schmieröl. UB 90 will 500 l abgeben. Um 16 Uhr kommt UB 90 längsseits zur Übergabe. Man verabredet dann, in welchen Sektoren das jeweilige Boot Suchkurse fahren soll. Um Mitternacht steht U 54 dann im Nordkanal zwischen Oversay und Rathlin, während UB 90 zwischen Rathlin und Inistrahull stehen soll.

19.07.1918

Beim Hellwerden nimmt U 54 Kurs im Sektor nach außen, UB 90 stößt nach einer F.T.-Meldung nach innen in den Nordkanal vor. Am Morgen um 7 Uhr und Mittag muss Zerstörern ausgewichen werden. Um 16 Uhr kommt dann ein U-Boot in Sicht, das nicht auf Funk- und Unterwassererkennungssignale antwortet. Daraufhin wird zum Angriff angesetzt. Das U-Boot kommt jedoch außer Sicht. Gegen 17 Uhr werden in weiter Entfernung 21 Wasserbombendetonationen wahrgenommen.

20.07.1918

Drei Tage Zeit verbleiben noch für Torpedoangriffe im Operationsgebiet. Der Kommandant überlegt, weiter in die Irische See vorzustoßen. Da jedoch klares Wetter mit glatter See und langer Dünung eintritt, besteht wenig Aussicht auf Erfolg. Das Boot kehrt daher um und fährt in einem Abstand von 10 sm die Küste entlang an Inistrahull vorbei nach Westen. Nachdem um 6:25 Uhr mehrere Bewacher gesichtet werden, läuft das Boot abwechselnd mit Nord- und Westkurs weiter, bis wieder zwei Zerstörer in Sicht kommen, woraufhin getaucht wird. Justicia mit TarnanstrichVor dem Auftauchen nimmt der Steuermann um 10:40 Uhr noch einen letzten Rundblick durch das Sehrohr und meldet einen Zerstörer mit drei Schornsteinen. Beim Nachsehen stellt der Kommandant fest, dass es ein großer Dampfer ist, bei dem es sich um die "Vaterland" handeln könnte (Tatsächlich war es der britische Truppentransporter "Justicia". Die ausführliche Schilderung des Kommandanten im KTB ist auf der Seite über die "Justicia" nachzulesen). U 54 greift den großen Dampfer trotz dessen starker Bewachung mit zwei Torpedos an und lief danach unter starkem Beschuss mit Wasserbomben ab. Ein erster Versuch, um 12:30 Uhr aufzutauchen, scheiterte, da beim Blick durch das Sehrohr in unmittelbarer Nähe vier Bewacher festgestellt wurden. Erst nach mehr als fünf Stunden Tauchzeit kam das Boot um 15:41 Uhr wieder an die Oberfläche. Es herrschte ein erheblicher Überdruck im Boot. Da das Abblasen zu lange dauerte, befahl der Kommandant trotzdem dem Steuermann, das Turmluk zu öffnen. Der Luftdruck aus dem Inneren des Bootes schleuderte diesen hinaus und die Schiebeleiter im Turm, an der unten ein Segel angebracht war, flog nach oben. Sie quetschte den Arm des Kommandanten gegen die Decke des Turms  Der Schmerz war so groß, dass dieser einen Moment ohnmächtig wurde. Da der Steuermann mehrere Fahrzeuge meldete, kroch von Ruckteschell auf den Turm um sich einen Überblick zu verschaffen. Im Süden und hinter dem U-Boot waren viele Schiffe zu sehen. In der Annahme, das diese sein Boot suchen und um nicht selbst gesehen zu werden, läßt der Kommandant wieder tauchen. Erst um 18 Uhr wurde wieder aufgetaucht um über Wasser wieder die Batterien zu laden. Per F.T. wurden andere U-Boote über die Angriffsmöglichkeit auf den großen Dampfer informiert.  

21.07.1918

UB 64 nach Übergabe des EmpfangsverstärkersUm 10:45 Uhr kommt ein U-Boot in Sicht, das nach F.T.-Peilung als UB 64 (Oblt. z.S. Otto von Schrader) identifiziert wird. Auf Rufweite herangefahren werden die Ergebnisse ausgetauscht. Dabei stellt sich heraus, dass UB 64 am Vortag um 14:30 Uhr gesehehen hat, wie die "Vaterland" 4,5 sm vom Ort des Angriffs von U 54 nach Backbord gekentert und gesunken ist. Am Freitag zuvor hatte UB 64 den Dampfer zunächst mit einem Torpedo aus einem Konvoi heraus angeschossen und ihm später bei einem zweiten Angriff drei weitere Treffer an Backbord beigebracht. Das Kentern 3 1/2 Stunden nach dem Angriff von U 54 brachte den Kommandanten zu der Überzeugung, dass er dem Dampfer den Rest gegeben habe. An UB 64 wird ein Empfangsverstärker abgegeben, da dessen Gerät durch die Wirkung von Wasserbomben während des Angriffs auf den Dampfer beschädigt wurde.

Ab Mittag wird Ostkurs gefahren. Gegen 15 Uhr kommen mehrere Zerstörer in Sicht, die ein U-Boot mit riesiger englischer Flagge am Turm hereinbegleiten. Da ein Angriff wegen der glatten See aussichtslos ist, untertaucht U 54 den Feind, wird jedoch bemerkt und mit acht Wasserbomben angegriffen. Nachdem am späten Nachmittag auf Nordostkurs gewechselt wurde, wird um 19 Uhr ein getauchtes U-Boot gesichtet, das offenbar einen Angriff fährt. Rechtzeitig wird abgedreht und ausgewichen. Der Rest des Tages verläuft ereignislos.

22.07.1918

Wegen des geringen Schmierölbestandes wird ab 6:40 Uhr der Rückmarsch angetreten. Um 9:15 Uhr werden bei einem erneuten Zusammentreffen mit UB 90 Erfahrungen ausgetauscht. Dieses Boot hatte bisher noch keine Angriffsgelegenheit und will noch einen Tag im Operationsgebiet bleiben. St. Kilda kommt um 18:40 Uhr in Sicht. Da UB 64 starke Bewachung bei der Fair-Insel gemeldet hat, beschließt der Kommandant, den längeren Weg nördlich um die Shetland-Inseln herum zu nehmen.

23.07.1918

Bei starkem Nebel fährt das Boot auf Ostkurs in die Nordsee. Der Austritt aus dem Sperrgebiet erfolgt um 10 Uhr.

24.07.1918

Regen und diesiges Wetter herrschen am Vormittag. Gegen Mittag klart es auf, es gibt nur noch vereinzelte Regenböen. Ab 14 Uhr wird Kurs auf Utvär gesetzt. Um 15:20 Uhr kommt ein Dampfer mit Geschütz in Sicht. Nach einigen Warnschüssen stoppt dieser. Der Kommandant läßt das Boot unter Wasser heranfahren. Beim Näherkommen stellt sich das Schiff als ein Walfischfänger mit Harpunenkanone heraus. Es wird wieder aufgetaucht und abgedreht.

25.07.1918

Bei diesigem Wetter wird Südkurs entlang der norwegischen Küste gefahren und durch den Skagerrak in die Ostsee eingelaufen.

26.07.1918

Vor der Einfahrt in den Sund wird der schwedische Segler "FRITZ", beladen mit Holz, gestoppt und kontrolliert. Er erweist sich als einwandfrei und wird entlassen.

27.07.1918

Über Kiel, den Kaiser-Wilhelm-Kanal und die Elbe erreicht das Boot die Nordsee.

28.07.1918

Festmachen in Helgoland um 13:25 Uhr.

U 54 legt auf dieser Fahrt 3.974,5 sm über Wasser und 223,9 sm unter Wasser, insgesamt 4.198,4 sm zurück.

Nach dem Angriff auf HMS Anchusa erfolgte ein weiterer Angriff auf einen vermeintlichen Dampfer. Gerade noch rechtzeitig erkannte der Kommandant den neuen Typ eines Patrouillienfahrzeuges der britischen Marine (vermutlich ebenfalls eine Anchusa-Class-Sloop) und fertigte davon eine Skizze im KTB. Er vermerkt dazu:

Neuer Typ eines Patrolfahrzeuges. Schwarz-weiß gemalt. Bug ganz eingezogen, macht von vorn den Eindruck als ob Dampfer von 3000 t.

Anchusa Skizze
U54-81

UB 90 kommt längsseits, Füllschlauch wird herübergezogen.

U54-83

Ölübernahme von UB 90 (links) am 18.07.1918. Die Kommandanten stimmen sich ab.

U54-79

UB 90 entfernt sich wieder.

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